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Wer ist Dasbar W.? Eine Richtigstellung

Der SWR fragt in der Reportage vom 12.11.2018

»Wer ist der Angeklagte Dasbar W.?« und gibt fragwürdige Antworten.

 

In der Reportage heißt es ab [00:58] :

 

»2017 kommt Dasbar W. zurück nach Deutschland, zieht in eine Wohnung nach Karlsruhe.
Sein ehemaliger Vermieter berichtet dem SWR:

Vermieter Clemens H.:

»Dasbar war fast nur zuhause.
Mir kam es vor, als würde er sich
bis tief in die Nacht im Internet verdaddeln.«

Doch Dasbar W. daddelt nicht im Internet. Die Polizei überwacht seine Netzaktivitäten. Demnach habe er mit IS-Mitgliedern gechattet, Propagandavideos erstellt und ein Tutorial für seine Brüder gemacht, in dem er erklärt habe, wie man Spuren im Netz verwischt.«

 

Diese Darstellung ist falsch.

 

Gegen Dasbar W. werden in der Anklageschrift zwar tatsächlich derartige Vorwürfe erhoben. Allerdings nennt die Anklageschrift einen Zeitraum von März bis Juni 2015:

Davon, dass Dasbar W. während er bei Clemens H. wohnte, im Jahr 2017, an derartigen Skype-Chats teilgenommen hätte, ist in der Anklageschrift nicht die Rede.

 

Und der »Große Lauschangriff« – das Abhören jeglicher Aktivitäten eines Menschen in seinen eigenen vier Wänden – hat ergeben, dass Dasbar W., während er im Hause von Clemens H. lebte, sich u.a. mit Mathematik oder Stoffplänen für technische und mathematisch-naturwissenschaftliche Studienrichtungen beschäftigt hat.

 

Die Berichterstattung ist irreführend, weil sie durch Verknüpfung nicht zeitlich zusammenhängender Geschehnisse eine konkrete Bedrohungslage zeichnet, die es lautAnklage nicht gegeben hat. Diese Irreführung wird noch verstärkt, indem die Aufzählung der Chataktivitäten durch manipulative Bilder einer Kapuze tragenden, unkenntlichen Person bei düsterer Beleuchtung den Eindruck von Gefahr verstärken.

Prozessbeginn im Verfahren gegen Dasbar W. beim OLG Stuttgart

Der Prozess um den angeblich für Weihnachten 2017 geplanten Terroranschlag auf die »Karlsruher Eiszeit« hat vor dem Oberlandesgericht Stuttgart begonnen. Eine kurze gute Zusammenfassung findet sich etwa hier.

 

Ein Bericht von SWR Fernsehen mit einer kurzen Stellungnahme eines Verteidigers findet sich hier.

Verurteilung wegen Mordes durch das Schwurgericht Nürnberg

In nur drei Tagen hat das Schwurgericht beim Landgericht Nürnberg-Fürth einen Mordprozess durchgezogen. Der Angeklagte, der - ohne Zweifel - seine langjährige Lebensgefährtin erschlagen bzw. erdrosselt hatte, wurde wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Maßgeblich war die Frage, ob der Angeklagte im Affekt gehandelt hat oder klaren Verstandes war, als die Gewalt aus ihm heraus gebrochen ist. Das Schwurgericht ist zu der Einschätzung gelangt, dass der psychiatrische Sachverständige, der eine Affekttat tendenziell bejaht hatte, sich allzu weit aus dem Fenster gelehnt hätte. Die Verteidigung hat das Urteil mit der Revision angefochten.

Der Angeklagte war bei Urteilsverkündung fast 60 Jahre alt war und kann nun frühestens im Alter von 75 Jahren mit einer Entlassung rechnen, wenn die Revision keinen Erfolg haben sollte.

Anklage des Generalbundesanwalts zum Oberlandesgericht Stuttgart

Vierzehn Gespräche will die sogenannte Vertrauensperson (vulgo: »der Spitzel«) des Landeskriminalamts Baden-Württemberg im Spätsommer und Herbst 2017 mit dem Terrorverdächtigten Dasbar W. geführt haben. Gleich beim ersten Gespräch soll sich Dasbar W., dem der Generalbundesanwalt (GBA) ein höchst konspiratives Verhalten vorwirft, sich dem Spitzel ganz unkonspirativ offenbart haben - eine Behauptung, die an sich schon Fragen aufwerfen müsste, die dem VP-Führer des LKA jedoch nicht in den Sinn kamen.

In zwölf Gesprächen soll Dasbar W. seine angeblich radikal-islamische Gesinnung geäußert, Frauen in kurzen Röcken den Tod gewünscht, den Anschlag des Anis Amri beklatscht und eigene Anschlagspläne geäußert haben. Das dreizehnte und vierzehnte Gespräch wurde dann vom LKA aufgezeichnet. Merkwürdigerweise äußert sich der Beschuldigte in diesen Gesprächen keineswegs, wie vom Spitzel behauptet, positiv über Terror, geschweige denn, dass er selbst Terrorabsichten äußert. Vielmehr macht es ihm Sorge, dass die VP nach eigener Aussage mit Waffen handelt und er mahnt diesen, daran zu denken, welch schlimmen Dinge mit Waffen angerichtet werden können. Im Anschluss an seine letzte Begegnung mit dem Spitzel hat der Beschuldigte diesen  angezeigt, weil er den Verdacht hatte, dass dieser ihn zu einem Anschlag anstacheln wollte. Aber davon lässt sich der Generalbundesanwalt nicht beirren. Glaubwürdig ist, was den Erwartungen des GBA entspricht - auch wenn der gesunde Menschenverstand dagegen spricht...

Dem Angeklagten bleibt die Hoffnung, diesen beim Fünften Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart anzutreffen.

Rechtsreferendar/in oder Student/in mit fortgeschrittenen Kenntnissen im Strafrecht gesucht. Bei Interesse bitte melden.

Die US-Soldatenzeitung Stars&Stripes berichtet über den Prozess gegen den »Schnaitseer Taliban«, der derzeit unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor dem OLG München geführt wird.

Terror in Karlsruhe?

Am 20.12.2017 wurde ein 29-jähriger Deutscher in Karlsruhe festgenommen, weil er die Terrororganisation »Islamischer Staat« unterstützt und einen Mordanschlag geplant haben soll.

Am 21.12.2017 wurde beim BGH Haftbefehl gegen ihn eröffnet. Dieser enthält zwar zahlreiche belastende Indizien, wirft aber auch gewisse Zweifel auf:

Da ist eine sogenannte »Vertrauensperson«, bei der man sich fragen muss, ob man ihr wirklich vertrauen kann - ein generelles Problem bei einer Person, »die, ohne einer Strafverfolgungsbehörde anzugehören, bereit ist, diese bei der Aufklärung von Straftaten auf längere Zeit vertraulich zu unterstützen und deren Identität grundsätzlich geheim gehalten wird«. Umgangssprachlich werden solche Personen, die vom Staat Geld für Ihre Dienste bekommen, auch »Spitzel« genannt. Hier weichen die Angaben des Spitzels, der von Anschlagsplänen berichtet hat, von den Angaben meines Mandanten ab, der jegliche Anschlagspläne bestreitet hat.

 

Er befindet sich nunmehr seit 70 Tagen (Stand 1. März 2018) in Untersuchungshaft.

Als Strafverteidiger wird man gerne belogen. Aber je mehr Akteneinsicht gewährt wird, desto mehr festigt sich meine Überzeugung: Dasbar W. sitzt seit nunmehr 70 Tagen zu Unrecht in Untersuchungshaft.

Terror in Afghanistan

Am 15.01.2018 beginnt vor dem OLG München der Prozess* gegen den »Mutmaßlichen Taliban im oberbayerischen Dorfidyll«. Er ist angeklagt, als 17-Jähriger (Afghane in Afghanistan) Mitglied der (afghanischen) Taliban geworden zu sein und sodann an Mordanschlägen auf US-Konvois (in Afghanistan) beteiligt gewesen zu sein.  Später soll er sich von den Taliban losgesagt haben und über den Iran nach Deutschland geflohen sein.

 

Ist es »heimtückischer Mord aus niedrigen Beweggründen«, wenn ein Afghane in Afghanistan im Drohnenkrieg auf schwer bewaffnete US-Soldaten schießt und dabei auch sein eigenes Leben riskiert?

Und ist es Aufgabe der deutschen Strafjustiz dergleichen zu verfolgen?

»Jo mei, do is halt Krieg!«, sagte mir ein Alteingesessener aus dem oberbayrischen Dorfidyll und hatte wenig Verständnis für den immensen Aufwand, mit dem solche Straftaten neuerdings verfolgt werden.

 

Und der große französische Strafverteidiger Jacques Vergès warf 2008 in einem Interview des SPIEGEL die folgende Frage auf:

 

»Wissen Sie,

der Westen will immer allen Lektionen erteilen,
aber sollte man das wirklich tun, wenn man, wie die USA,
selbst bei Kriegen zur angeblichen Weiterverbreitung der Demokratie
Tausende Zivilisten umbringt,
wenn man für Guantanamo und Abu Ghuraib
verantwortlich ist?«

 

Auch dieser Frage wird sich der Strafsenat stellen müssen, wenn es in der Hauptverhandlung darum geht, für womöglich festgestellte Straftaten eine angemessen Strafe zu finden.

 

 

*Da der Angeklagte Jugendlicher war,

als er den Taliban beigetreten sein soll,

findet die Hauptverhandlung nahc § 48 JGG

unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.